Quantcast
Channel: Knesset – Studio Tel Aviv
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5

Rückkehr des Avigdor Lieberman

$
0
0

Den Traum vom Amt des Verteidigungsministers hatte Avigdor Lieberman nie aufgegeben. In den vergangenen Wochen, als Politiker der Opposition, begann er seine Kritik häufig mit den Worten:  „Wenn ich Verteidigungsminister wäre…“. Aus den Forderungen könnten schon bald Tatsachen werden.

Gezielte Tötung des Feindes

Eine dieser Forderungen stellte Lieberman zu Beginn des Jahres, als Israels Armee Eingänge zu Tunnelröhren aus dem Gazastreifen entdeckt hatte. Wäre er Verteidigungsminister, würde er als Allererstes gezielte Tötungen wiedereinführen, so Lieberman im Radio. Es könne nicht sein, dass der Hamas-Führer in Gaza, Ismail Haniyeh, zum Freitagsgebet selbstgefällig über Tunnel erzähle.

Ein Ultranationalist und Hardliner

Nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Avigdor Lieberman zum neuen Verteidigungsminister berufen hat, wird sich zeigen, ob dieser in die Tat umsetzt, was er bislang so populistisch angekündigt hat.

Lieberman gilt selbst in der israelischen Politik als Rechtsaußen, als ein Ultranationalist und Hardliner. Geboren in Chisinau, im Gebiet der heutigen Republik Moldau, emigrierte er mit seinen Eltern 1978 nach Israel. Er ging zur Armee, studierte in Jerusalem und begann, für Benjamin Netanjahu zu arbeiten – zunächst als Generalsekretär des Likud, später als Chef des Büros des Ministerpräsidenten. Das war Mitte der 90er Jahre.

Bibi-und-Lieberman-bei-Eroeffnung-der-Sommersession-der-Kneeset

Der endgültige Aufstieg gelang Lieberman aber nicht mit Netanjahus Likud-Partei, sondern der Partei Israel Beteinu – Unser Haus Israel. Die Partei vertritt vor allem russische Einwanderer, die in den 90er Jahren zu Hunderttausenden nach Israel kamen. Seit 15 Jahren ist Lieberman immer wieder an Regierungen beteiligt. 2009 wird er im zweiten Kabinett Netanjahu sogar Außenminister.

Klientelpolitik und Populismus

Der 57-Jährige gewinnt seine Anhänger mit Klientelpolitik, wie die Forderung nach einer Zivilehe in Israel oder nach besserer sozialer Absicherung für Pensionäre, die aus Sowjetrepubliken gekommen sind. Zum anderen setzt er knallhart auf Populismus. So will Lieberman die Staatsbürgerschaft an Loyalität zum Staat Israel koppeln. Wer loyal sei, solle alles bekommen, bis zur Hälfte des Königreichs, so Lieberman. Wer sich aber gegen den Staat stellt – da bleibe keine Wahl – dem müsse mit der Axt der Kopf abgeschlagen werden.

Lieberman-erklärt-auf-PK-Forderungen-f.Regierungsbeteiligung

Um eine Lösung des Nahostkonflikts voranzutreiben, hatte Lieberman im Jahr 2004 die Annektierung der großen Siedlungsblöcke im von Israel besetzten Westjordanland vorgeschlagen. Gleichzeitig sollte der Staat Israel Gebiete mit israelisch-arabischer Bevölkerung an die palästinensische Autonomiebehörde abtreten. Diesen Landtausch forderte er im Zuge von John Kerrys Friedensbemühungen im Jahr 2014 noch einmal. Palästinensische Israelis gelten Lieberman als fünfte Kolone, als Feind im eigenen Land.

Ein Siedler, der besser in die rechte Regierung passt als Herzog 

Dabei wohnt Lieberman wie 550.000 andere Israelis in einer jüdischen Siedlung, in Nokdim, südwestlich von Bethlehem. Was US-Diplomaten zu dem Spruch veranlasst haben soll, Lieberman sei der einzige Außenminister, der ein Land vertrete, in dem er selbst nicht lebt.

Lieberman-hat-bereits-in-vielen-Regierungen-den-Ausgang-gesucht

Nun also die Rückkehr als Verteidigungsminister. Regierungschef Netanjahu will seine Koalition erweitern. Bisher hatte die Regierung nur eine Stimme Mehrheit im Parlament. Und die Fraktion von Lieberman passt offenbar besser zum bestehenden rechts-nationalen Bündnis als die Zionistische Union von Oppositionsführer Jitzchak Herzog.

Kritik an Vorgänger Mosche Jaalon 

Abschied vom Verteidigungsministerium. (dpa)Liebermans Berufung zum Verteidigungsminister wird als weiterer Rechtsruck der israelischen Politik verstanden. Dazu hat Lieberman selbst beigetragen. Zum Beispiel mit seinem Auftreten im Fall eines Soldaten, der einen am Boden liegenden palästinensischen Angreifer in Hebron mit einem Kopfschuss exekutiert hatte. Der Fall hatte im April für Schlagzeilen gesorgt. Die Armeeführung verurteilte die Schüsse deutlich. Lieberman folgte dagegen der Stimmung in der Bevölkerung.

Als der Soldat zur Anhörung vor einem Militärgericht erschien, saß Lieberman als Zuhörer im Saal. Er könne Verteidigungsminister Mosche Jaalon nicht mehr trauen, sagte Lieberman in die Mikrofone. Der Minister mische sich mit seiner Kritik am Soldaten in den juristischen Prozess ein. Auch wenn das so nicht stimmt.

Aber einmal mehr bringt ihn sein Populismus zum Erfolg: Liebermans Wunsch nach dem Verteidigungsministerium ist nach langem Warten in Erfüllung gegangen.

Fotos: dpa/picture alliance und Reuters.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5

Latest Images





Latest Images